40 Jahre Dienst im Zeichen der Menschlichkeit
Anfang Oktober hatte das DRK Cloppenburg frohen Anlass zu feiern. Alexander Richter leistet seit 03.10.1977 unermüdlich seinen Beitrag im Rettungsdienst. Bei Kaffee, Sekt und Kuchen wurden die letzten 40 Jahre Revue passiert. Was Alexander Richter in dieser Zeit alles erlebt hat und woher er nach wie vor die Kraft und Motivation nimmt, sich für andere einzusetzen lesen Sie im folgenden Interview.
DRK: Sie haben Ihren Dienst am 03.10.1977 als Zivildienstleistender begonnen. Eine Zeit, in der sich das geteilte Deutschland mitten im Kalten Krieg befand. Was bewegte Sie dazu und wie haben Sie die Anfangszeit beim DRK Cloppenburg erlebt?
Alexander Richter: Mein Weg führte mich durch einen heiteren Zufall zum DRK. Als ich damals gemustert wurde hatte ich mich eigentlich schon auf den Wehrdienst eingestellt. Ich hatte auch bereits ein Job-Angebot als Dekorateur nach der Zeit bei der Bundeswehr. Eines Tages bekam ich allerdings Besuch von einem Rot-Kreuz Mitarbeiter der mich auf einer Postkarte unterschreiben ließ. Was ich zu damals noch nicht wusste ist, dass zu dieser Zeit die Wehrdienstverweigerung eben auf solchen Postkarten zu bekunden waren. Keine Woche später bekam ich auch schon Post nach Hause und ich war von nun an bis heute beim Rettungsdienst des DRK Cloppenburg.
Die Masse der Einsätze, die wir damals gefahren sind, bestand aus Krankentransporten. Ein Erlebnis das mir bis heute in Erinnerung geblieben ist, ereignete sich im Zuge eines Rückholdienstes. Verletzen sich Menschen im Ausland dann holen wir sie zurück. In diesem Fall musste jemand, der in der DDR Urlaub machte und sich dabei verletzt hatte wieder in die BRD zurückgebracht werden. Um den Verletzten abzuholen mussten wir in die DDR einreisen. Bei der Abholung des Patienten wurden wir von einem DDR-Bürger gefragt, ob dieser nicht mit uns Richtung Westen fahren könne. Aus Angst vor den Grenzkontrollen wiesen wir diese Bitte jedoch zurück.
DRK: Sie sind nun seit über 40 Jahren im Dienst. Was waren die ergreifendsten Momente für Sie?
Alexander Richter: Von solchen Momenten gibt es sehr viele! Aber wenn ich mich zurückerinnere dann würde ich sagen, dass die Mithilfe bei Geburten ein solches Ereignis ist. Es ist herzerwärmend einem so kleinen Geschöpf zu helfen, das Licht der Welt zu erblicken.
Einmal konnte ich während eines Rettungseinsatzes meinen ehemaligen Nachbarn reanimieren. Nach einer Alarmierung durch die Leitstelle ist es oft erschreckend, wenn der Einsatzort die Adresse des Hauses nebenan ist. Doch wir konnten meinem Nachbarn das Leben retten. Wir kennen uns auch heute noch und er ist mittlerweile über 90 Jahre alt. Das sind Erlebnisse, die einem die Bestätigung geben, das Richtige zu tun.
DRK: Sie haben in der langen Zeit sicher viele Dinge gesehen, die einem sehr nahegehen und die Sie erst verarbeiten mussten. Wie haben Sie das geschafft?
Alexander Richter: Die schlimmsten Notrufe für mich sind jene, in denen Kinder verwickelt sind. Als Vater von 2 Kindern geht mir das immer sehr nahe. Jeder geht mit seinen Erlebnissen anders um. Ich brauche nach einem schockierenden Ereignis eine kurze Auszeit. Dabei spreche ich viel mit meiner Partnerin, die mich sehr unterstützt. Beim Rettungsdienst gehe ich auch den gesamten Einsatz im Beisein von meinen Kollegen noch einmal durch. Der Rückhalt und die Aufmunterung, welche man durch solche Gespräche im vertrauten Umfeld erfährt, sind für mich von unschätzbaren Wert.
Wen diese Unterstützung zu wenig ist, hat auch die Möglichkeit bei unserem Kriseninterventionsteam Rat zu suchen.
DRK: Woher schöpfen Sie immer wieder neue Kraft und Motivation für Ihren Einsatz?
Alexander Richter: In erster Linie mache ich den Dienst in der Rettungswache nach wie vor unglaublich gerne. Die Altersgruppen hier bei uns sind quer durchgemischt und es bereitet mir sehr viel Freude und Spaß mit meinen jungen Kollegen zusammenzuarbeiten. Kraft schöpfe ich auch durch die Wertschätzung, welche man hin und wieder durch Mitmenschen erfährt. „Gut, dass ihr da seid!“ oder „Schön, dass es solche Menschen wie euch gibt!“ bekommen wir des Öfteren zu hören. Das ein oder andere Mal werden sogar persönliche Dankesschreiben oder Pralinen vorbeigebracht. Das sind Gesten, welche wir zu schätzen wissen und die uns glücklich machen, weil wir jemand anderen helfen konnten.
DRK: Was bedeutet es für Sie Menschen zu helfen?
Alexander Richter: Einem Menschen zu helfen, oder sogar das Leben zu retten erfüllt mich mit Zufriedenheit. Ich bin glücklich darüber, dass ich durch meine Ausbildung und Erfahrung den Dienst an der Rettungswache ausüben und dadurch Freunden, Bekannten und Fremden tagtäglich helfen kann.
DRK: Was wünschen Sie sich und dem DRK Cloppenburg für die Zukunft?
Alexander Richter: Durch meine Tätigkeit als Rettungsassistent habe ich in den vielen Jahren oft erlebt, dass sich Patienten nicht wieder von ihren Verletzungen oder Krankheiten erholt haben. Ich wünsche mir vor allem Gesundheit. Ein Gut, dessen unschätzbarer Wert nicht dann erkannt wird, wenn man es besitzt, sondern erst dann, wenn es bereits verloren gegangen ist.
Für meine Freunde beim DRK wünsche ich eine unfallfreie Zeit und das die Entwicklung genauso positiv vorangeht wie bisher.
DRK: Vielen Dank für dieses Interview. Das DRK Cloppenburg kann mit Stolz behaupten, einen überaus engagierten und wertvollen Helfer in seinen Reihen zu haben. Eine letzte Frage an Sie. Was möchten Sie allen Menschen mitgeben, die sich für den Dienst beim Roten Kreuz interessieren aber noch unentschlossen sind?
Alexander Richter: Es ist schwierig in jungen Jahren zu wissen, ob ein Job beim Rettungsdienst des DRK das Richtige ist. Was ich den Unentschlossenen Männern und Frauen nahelegen kann ist, dass sie keine Scheu davor haben sollten, mit uns Verbindung aufzunehmen um einmal in die Rettungswache hineinzuschnuppern. Dieser Beruf muss probiert werden um sich die Frage zu beantwortet, ob jemand dafür gemacht ist oder nicht. Es lohnt sich auf alle Fälle diesen Versuch zu starten.
Hiermit bedankt sich das DRK Cloppenburg noch einmal recht herzlich für das Interview und die langjährige Verbundenheit mit Herrn Alexander Richter und wünscht dem Jubilar noch alles erdenklich Gute für die bevorstehenden Dienste und seine Zukunft.